Dreharbeiten: Filme & TV in der Eifel
Indiana Jones war schon hier - Hauptkommissar Schimanski auch. Ben Kingsley und Anthony Hopkins drehten in der Eifel und ließen es in Monschau so richtig krachen (»Collide«), RTL hat 2009 in der Region sogar einen Vulkan ausbrechen lassen - für über 9 Millionen Euro Produktionskosten. Mit der Asche mussten sich dann Heiner Lauterbach und Armin Rohde herumärgern.
Hat sich RTL etwa die falsche Naturkatastrophe ausgesucht?
Eine Produktion unter dem Titel »Die große Flut« hätte sich 12 Jahre später als geradezu prophetisch erwiesen. Aber vielleicht liefert der Kölner Sender nach...
Im Serienformat folgen deutsche Kommissare der Spur des - teils skurilen - Verbrechens: Caroline Peters alias Sophie Haas (»Mord mit Aussicht«) ermittelt im fiktiven Hengasch, Uwe Ochsenknecht alias Robert Killmer (»Der Bulle und das Landei«) im echten Monreal.
Oskar-Preisträger Christopher Waltz sprengt sich im Amtsgericht Euskirchen in die Luft (»Tag der Abrechnung«), und Otto macht als mittelalterlicher Zauberer »Catweazle« Stolberg und die Katzensteine zwischen Mechernich und Satzvey unsicher.
Auf dieser Seite:
Krimis mit allen Sinnen erleben - die Eifel
Bisweilen geht es in dieser Felsformation auch ganz schön schlüpfrig zu: Im Frühjahr 2013 drehte hier Regisseur Sönke Wortmann und die Münchner Constantin Film einige Szenen für »Schoßgebete« nach dem gleichnamigen Roman von Skandal-Autorin Charlotte Roche. Zuschauer waren am Set nicht zugelassen.
Quasi zur Abkühlung darf - nur ein paar Kilometer weiter - die Schavener Heide für die internationale Kino-Produktion »Mitten im Sturm« als Sibirien-Ersatz herhalten; hier lernen sich Emily Watson und Ulrich Tukur kennen. Eigentlich gar nicht so abwegig, galt die Eifel doch lange Zeit tatsächlich als "preußisch Sibirien"...
Mario Adorf, deutscher Film-Bösewicht mit Hollywood-Erfahrung, dreht in Mayen einen Teil seiner Biografie »Es hätte schlimmer kommen können«. Kein Wunder - der Mann ist hier aufgewachsen!
Ein James-Bond-Streifen ist in der Eifel noch nicht entstanden, ein ehemaliger 007-Darsteller hat sich aber schon sehen lassen: In der Klamotte "Boat Trip" stand Roger Moore 2002 auf dem Eifler Sport-Flugplatz "Dahlemer Binz" vor der Kamera.
Sean Connery, Moores Vorgänger in der Reihe der Doppelnull-Agenten, wurde bereits Ende der achtziger Jahre in der Umgebung von Schloss Bürresheim nordwestlich von Mayen gesichtet.
Auf der Suche nach dem heiligen Gral war er dort in der Rolle des Professor Jones gemeinsam mit Filmsohn Harrison Ford von fiesen Nazischergen - und einer attraktiven blonden Archäologin - festgesetzt worden.
Hollywood-Stars und bekannte deutsche Schauspieler -
sie alle haben schon in der Eifel gedreht.
Drehpause mit Aussicht: In Hollywood wird die Eifel inzwischen nicht nur als Drehort, sondern auch als Geheimtipp für den Zweitwohnsitz herumgereicht.
So hat sich Serienstar und Produzent Vincent De Paul Anfang 2023 ein Appartment in einer neuen Luxusresidenz am Rursee zugelegt.
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Die Lokal-Matadore
Aber nicht nur Hollywood-Studios und deutsche Fernsehanstalten schicken ihre Drehteams in die Eifel:
- ein Aachener Filmstudent lässt sich von Star Wars inspirieren und dreht in der Teulsschlucht. | weiter lesen ...
- ein Zülpicher Studenten-Team nutzt die elterliche Kneipe zur Produktion eines Psycho-Thrillers, der auf Amazon-Prime gestreamt werden soll.
weiter lesen ... - im 500-Seelen-Nest Kennfus zwischen Mosel und Vulkaneifel drehen 80 Dorfbewohner unter der Regie eines "Eingeborenen" mehrere abendfüllende Krimis, die in den umliegenden Kinos ihre Premiere feiern.
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Location Scouts
Eifler und Touristen klagen weiterhin über Funklöcher: 4G (von 5G ganz zu schweigen) ist noch lange nicht an jeder Milchkanne angekommen - Kamerateams offenbar schon!
Für die Eifel als Drehort von TV- und Kino-Produktionen sprechen drei Faktoren - Film-Motive, Logistik und Geld.
Natur und Dorfleben, mittelalterliche Fachwerkidylle und Burgenromantik – Location Scouts, Regisseure und Kameraleute finden in der Region schnell die passenden Einstellungen. Außerdem liegt Köln, Deutschlands TV-Hauptstadt mit den entsprechenden Produktionskapazitäten, nur eine knappe Fahrstunde entfernt. Da sind Fernsehfilme und Serien - beispielsweise von WDR oder RTL - einfacher (und kostengünstiger) zu realisieren als an vielen anderen ländlichen Drehorten. Eine Reihe von Beispielen hat die Kölnische Rundschau im Jahr 2016 zusammengetragen - inzwischen sind eine Reihe aktueller Produktionen dazugekommen.
Nicht viel weiter haben es SWR und ZDF, die gerne in der Vulkaneifel drehen, dem Teil der Eifel, der zu Rheinland-Pfalz gehört. Wer sich dagegen für eine Location in der Nordeifel, also in Nordrhein-Westfalen, entscheidet, kann bei der Film- und Medienstiftung NRW in Düsseldorf (jährliches Fördervolumen rund 35 Millionen Euro) einen satten Produktionskosten-Zuschuss abgreifen.
Das soll bei dem einen oder anderen Projekt schon geholfen haben...
In seinem Artikel »In der Eifel ist alles möglich« spekuliert Hans Hoff für Die Welt darüber, warum Filmemacher so oft zwischen Monschau und Bad Münstereifel, zwischen Mechernich und Mayen ihre Kamera aufstellen: "Ein bisschen zurückgeblieben, ein bisschen ärmlich, und irgendwie haben die meisten Errungenschaften der modernen Großstadtgesellschaft weit vor ihren Jägerzäunen Halt gemacht."
Wer hat die Weinkönigin ermordet?
Die mit Abstand am häufigsten nachgefragte Film-Location ist Monschau, wo auch internationale Produzenten und Streamingdienste (Netflix, TVNow) gerne drehen, gefolgt von Stolberg bei Aachen, Bad Münstereifel, Hellenthal, die Gegend rund um Mechernich und das Ahrtal.
Im beschaulichen Weindorf Mayschoß produzierte der amerikanische Pay-TV-Sender TNT 2015 eine sechsteilige Serie (»Weinberg«) aus dem Genre der Psychothriller. "Traumhafte Bedingungen für eine albtraumhafte Story", kommentierte seinerzeit die Süddeutsche Zeitung den Drehort.
Gerne stellen die Crews ihre Kameras im Lava Dome von Mendig auf - da muss dann aber die Beleuchtung stimmen! Eine besonders reizvolle Kulisse für Abenteuer- und Märchenfilme bieten die Burgen und Schlösser der Eifel wie Burg Dreiborn, Burg Eltz und Schloss Bürresheim.
Autorennen und spektakuläre Crashs werden auf dem Nürburgring inszeniert - wo auch sonst?
Filmruhm ist vergänglich
Die Popularität eines Schauspielers kann schwinden - aber es gibt immer die Chance auf ein Comeback!
Genauso ergeht es Drehorten, die aus der Mode kommen können wie Schnulzen oder Heimatfilme:
Beilstein beispielsweise, ein verschlafenes 150-Seelen-Nest an der Mosel, wurde schon Mitte der 30er Jahre von der Berliner UFA entdeckt. Die schickte ihre Stars wie Heinz Rühmann, Leny Marenbach, Paul Klinger, Hilde Schnieder und Ida Wüst in den romantischen Ort, um dort Filmkomödien wie »Wenn wir alle Engel wären« oder »Das Verlegenheitskind« abzudrehen.
Auch in den fünfziger Jahren konnte sich Beilstein mit dem Aufkommen des Heimatfilms wieder als "Hollywood an der Mosel" positionieren: »Der fröhliche Weinberg« mit Gustav Knuth und Willy Reichert wird 1952 produziert, »Wenn wir alle Engel wären« erlebt 1956 seine Neuauflage in Farbe, ebenfalls mit Gustav Knuth und der ganz jungen Marianne Koch, mit Dieter Borsche und Hans Söhnker.
Als »Schinderhannes« gibt sich Curd Jürgens 1958 die Ehre, und 1960 macht Willy Millowitsch den »Wahren Jakob«.
Danach ist für fast 40 Jahre Drehpause in Beilstein. Erst 1998 schickt die britische BBC wieder Kamerateams für Aufnahmen ihrer Historienserie »Vanity Fair« in den Moselort.
Die Stadt im Tal
So richtig entdeckt für TV und Kino wurde Monschau, der malerische Ort in der Nordeifel, im Jahr 1975 (WDR-Zweiteiler »Die Stadt im Tal«) von Regisseur Wolfgang Petersen, später auch bekannt für Blockbuster wie Das Boot, Die unendliche Geschichte, Outbreak oder Airforce One.
Unter dem Titel - Touristen-Run auf die »Stadt im Tal« - berichtet der Spiegel im Februar 1975:
"Schon am Tag nach der Sendung des ersten Film-Kapitels registrierte das Fremdenverkehrsamt eine »enorme Nachfrage« nach Monschau-Prospekten, Hotel- und Pensionsverzeichnissen. Die Zahl der am Urlaubsort Monschau interessierten Bundesbürger stieg um das Fünffache."
Tatort Eifel
Der ARD-Tatort ist die erfolgreichste Krimiserie im deutschen Fernsehen mit teils über 10 Millionen Zuschauern bei der Erstausstrahlung, und auch die langlebigste (seit 1970).
Inzwischen wurden über 1.200 Folgen ausgestrahlt.
Von Zeit zu Zeit schauen die Protagonisten auf einen kurzen (oder längeren) Dreh in der Eifel vorbei.
Schon 1971, bei der 5. Folge der Reihe „Kressin und der Laster nach Lüttich“, fanden die Dreharbeiten größtenteils in Aachen und Monschau statt. Das ehemalige Kloster Reichenstein bei Kalterherberg diente als Drehort für das Hauptquartier der Schmuggler, denen der Zoll-Fahnder auf die Schliche gekommen war.
Auch Tatort-Kommissare machen gerne einen Abstecher in die Eifel.
Ein Jahr nach diesem Einsatz verschlägt es Zolloberinspektor Kressin (alias Sieghardt Rupp) wieder in die Eifel, diesmal nach Kommern. Denn dort, in der Villa Lamprecht, residiert der Bösewicht ( „Kressin und der Mann mit dem gelben Koffer“).
Ein paar Jahrzehnte später (2005) macht der Duisburger Hauptkommissar Horst Schimanski (Götz George) die Region unsicher. Schimanski freut sich über eine dicke Rentennachzahlung, kauft sich einen teuren Wohnwagen und will mit seiner Freundin im belgischen Wald romantisch zelten.
Gedreht wird im Hürtgenwald, später auch in Monschau, wo Schimanski für seinen Fall bei der Eifel-Zeitung recherchiert.
Genau genommen handelt es sich bei „Sünde“ gar nicht um eine Tatort-Folge, sondern um Episode der Spin-off-Reihe "Schimanski".
Schon ein paar Jahre vorher (1999) wird die LVR-Klinik Düren am Rand der Eifel von den Kölner Kommissaren Ballauf (Klaus A. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) heimgesucht, und zwar im Rahmen der Folge „Restrisiko“.
Eines Nachts wird in unmittelbarer Nähe des Psychiatrie-Krankenhauses eine junge Frau erwürgt, und unter den Insassen finden sich schnell die passenden Verdächtigen.
2003 entstehen am selben Ort einige Aufnahme für die Tatort-Folge „Schattenlos“, 2019 werden dann auf dem ehemaligen Bundeswehr-Munitionsdepot in Düren-Gürzenich Szenen für „Bombengeschäft“ gedreht.
Auch diese Fälle klären die beiden Kölner Kommissare.
Da es den Kölner Kommissaren in Düren so gut gefallen hat, schauen auch die Kollegen aus Münster im Haus 5 der Dürener LVR-Klinik vorbei: An Weihnachten 2019 wird die Folge „Väterchen Frost“ ausgestrahlt.
Im gleichen Jahr suchen Kommissar Thiel (Axel Prahl) und Gerichtsmediziner Prof. Boerne (Jan Josef Liefers) die Kfz-Zulassungsstelle im Euskirchener Kreishaus heim: „Spieglein, Spieglein“
Damit auch mal die Bundespolizei in der Eifel ran darf, wird Hauptkommissar Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) 2024 ins Kloster geschickt, genau genommen in die Abtei Mariawald bei Heimbach.
Er verbringt dort eine Auszeit - hat er sicher auch verdient. Bei einem Brand in der letzten Nacht stirbt ein Pfarrer - dumm gelaufen! ("Unter jedem Dach ein Ach")
Ein paar Drehs - allerdings ohne den Hauptdarsteller - gibt es auch auf der Zülpicher Feuerwache. Dafür durften einige Wehrleute der Freiwilligen Feuerwehr als Komparsen mitspielen.
Ein kulinarisches "Tatort-Feeling"
Im Herbst 2020, kommt ein ganz besonderes Tatort-Accessoire in die Eifel, und zwar auf Dauer:
Die Wurstbraterei, an der die Kölner Tatort-Kommissare Ballauf und Schenk am Ende jeder Folge auf den gelösten Fall angestoßen haben, ist vom Kölner Rheinufer (wo sie nur für die Dreharbeiten aufgebaut wurde) ins LVR-Freilichtmuseum Kommern umgezogen. Dort wird sie bei Veranstaltungen in Betrieb genommen und bei Tatort-Fans nostalgische Gefühle wecken.
Nicht nur Krimi-Landschaft
Zwar sind die meisten der in der Eifel gedrehten Filme und TV-Serien tatsächlich Krimis. Eine große Stärke der Region besteht darin, dass sie auch Motive für viele andere Genres bereit hält:
Komödien und Dramen, Familien- und Kinderfilme, Fantasy-, Abenteuer- und Action-Streifen finden Sets in der Eifel; ein Katastrophen-Kracher war auch schon darunter.
Einen Eifel-Western - Arbeitstitel: "Der wilde Westen" - hat es allerdings noch nicht gegeben.
Zu wenige Indianer? Sorry, müsste es politisch korrekt nicht eigentlich Indianer*innen, Indianer:innen heißen oder doch eher "native Americans"? Da wird man wohl auf einen entsprechenden Parteitagsbeschluss der Grünen warten müssen. Eins scheint jedenfalls klar: Rothäute geht gar nicht mehr...
Bis zu einer Entscheidung in dieser fundamentalen Frage könnte ein findiger Regisseur genügend Waffen-affine Komparsen auf dem US-Militärstützpunkt Sprangdahlem in der Südeifel anwerben, ein paar darunter möglicherweise sogar mit passender Herkunft und/oder Identität.
Vom Cowboy zum Indianer: "Ich geh´ meilenweit für eine Camel" lautet der Werbeslogan von Reynolds Tobacco Ende der sechziger/Anfang der siebziger Jahre. Der Cowboy, der seine durchgelatschten Westernstiefel mit dem plakativen Loch in die Kamera hängt, heißt Dieter Scholz. Und der lebt natürlich nicht in Hot Springs oder Devil´s Rock, sondern in "Kölle am Ring", ist - pikanterweise - Nichtraucher und gelernter Dekorateur.
Schon ein paar Jahre vor seiner Glimmstengel-Karriere ist Scholz auf einem Messestand als Textil-Model entdeckt worden und hat es damit zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Von den Werbeeinnahmen kauft er Mitte der sechziger Jahre den Beuerhof nahe Hillesheim in der Vulkaneifel als Familiendomizil, das heruntergekommene Anwesen eines Aussteigers, in dem wohl schon Kelten und Römer ihre Spuren hinterlassen haben.
1990 - Scholz ist inzwischen erfolgreicher Unternehmer, Inhaber einer Werbeagentur und Gründer der Modezeitschrift "Fashion Today Men" - will er den Beuerhof verkaufen, als ein Freund ein paar Indianer vom Stamme der Lakota-Sioux anschleppt, darunter Häuptling und Medizinmann. Die fackeln nicht lange und ziehen direkt vor Ort ihre Rituale ab, trommeln, singen und bauen eine Schwitzhütte auf. Der Platz sei ideal für die alten Zeremonien, erklärt der Häuptling, und Scholz ist schwer beeindruckt.
Er lässt sich in den Stamm aufnehmen und baut den Beuerhof zu einem Seminarzentrum für indianische Spiritualität aus, komplett mit Haupthaus, Schwitzplätzen und Tipis. "Wigwam" sagen übrigens nur die Bleichgesichter. Der Titel seines Seminars für Führungskräfte lautet "Neue Erfahrungen für Häuptlinge", der SWR bringt über den "Eifelindianer" eine eigene Dokumentation.
Umgebung und Deko wären eigentlich perfekt für Western-Drehs´, aber die würden, so der Hausherr nur den "spiritus loci" stören. Vor seiner Zeit in der Eifel ist der Beuerhof schon einmal als Location für eine TV-Serie entdeckt worden. Aber das ist eine andere Geschichte...
Kein Glück mit Filmexperimenten: Im Übrigen haben auch die Genres Science Fiction, Mystery und Horror bislang in der Region nicht recht Fuß gefasst. Ein paar Versuche (»Tape_13«, »Extinction«, »Die Präsenz«) konnten die Fans überhaupt nicht überzeugen. Und man musste schon ziemlich abgebrüht sein, um sich 2009 Lars von Triers Skandalwerk »Antichrist« anzuschauen, das immerhin mit Willem Dafoe und Charlotte Gainsbourg prominent besetzt war.
Die Kritiker beschreiben den Film übereinstimmend als "unappetitlich" und "verstörend". Lars von Trier bleibt dabei seiner Linie treu - der Mann will das Publikum nicht unterhalten, sondern provozieren.
Die Teufelsschlucht -
der Jurassic Park der Eifel
Hollywood, Juni 2021. Die Nachricht schlägt bei den Studiobossen ein wie eine Bombe:
Steven Spielberg, der vielleicht einflussreichste und wichtigste Filmregisseur der letzten Jahrzehnte, immer gut für den ganz großen Kassenerfolg, hat die Seiten gewechselt.
Über die nächsten Jahre wird Spielbergs Produktionsfirma Amblin Partners dem Streaming-Anbieter Netflix Filme liefern, und zwar gleich mehrere pro Jahr. Die Vertragspartner überhäufen einander mit Lorbeeren, bleiben in ihrer Mitteilung aber viele Details schuldig. Sie verraten weder, für wieviele Jahre der Vertrag geschlossen wurde, noch wieviele oder welche Art von Filmen geplant sind - möglichst "Blockbuster". Und über das Budget ist natürlich Stillschweigen vereinbart worden.
Der Eifel eröffnet dieser Deal ganz neue Perspektiven als Film-Location, schließlich kennt Spielberg die Region: 1989 drehte er hier (Schloss Bürresheim) Szenen für die dritte Indiana-Jones-Folge.
Als Spielberg ein paar Jahre später (1993) die Dreharbeiten für Jurassic Park in Angriff nahm, musste er zu seinem Bedauern auf Inseln im Hawaii-Archipel zurückgreifen - der Dinopark Teufelsschlucht in der Südeifel wurde erst 2015 eröffnet.
Für mögliche Fortsetzungen der Reihe steht die Eifel nun bereit und kann sogar auf einen Lokalmatador zurückgreifen: In der Nähe von Hillesheim hatten Arbeiter eines Steinbruchs vor über hundert Jahren Skelettreste einer unbekannte Echse ausgegraben, die der Bonner Paläontologe Otto Jaeckel 1904 auf den wohlklingenden Namen Eifelosaurus triadicus taufte.
Hat Hawaii überhaupt noch eine Chance?
Darth Maul - Apprentice
Einen Schönheitspreis werden sie wohl nicht mehr gewinnen, die Oberschurken der Star Wars-Filme, alle beieinander auf der dunklen Seite der Macht:
- Darth Vader, der Mann mit der Atemmaske, der auch zu Corona-Zeiten eine gute Figur abgeben würde und sich zu guter Letzt als Vater des Helden zu erkennen gibt;
- der Imperator, der im Hintergrund die Fäden zieht;
- und Darth Maul, von den Maskenbildner als wahre Ausgeburt der Hölle herausgeputzt.
Wer hätte gedacht, dass eben dieser Charakter-Darsteller einen Teil seiner Ausbildung in der Eifel absolviert hat, passender Weise in der Teufelsschlucht?
Auf diese Idee ist der Aachener Student und bekennende Star Wars-Fan Shawn Bu gekommen, der im Rahmen eines Fan-Projekts ein gut 17-minütiges Video in der Teufelsschlucht drehte - als zentrales Thema seiner Bachelor-Arbeit.
Die Arbeiten an seinem Projekt haben stolze zwei Jahre gedauert, der Student hat selbst sowohl Regie führte, als auch das Drehbuch verfasst. Dennoch hätte er das Projekt alleine wohl nicht stemmen können: Über 70 Menschen haben mit ihm zusammen daran gewerkelt, wobei der Kostenfaktor mit einem "niedrigen, fünfstelligen Betrag" komplett selbstfinanziert gewesen sei.
Den Streifen hat er am März 2016 unter dem Titel "Darth Maul - Apprentice" auf Youtube eingestellt. Das Video ist dort inzwischen über 30 Millionen mal (!) aufgerufen worden, es gibt fast eine Million "Likes".
Bei einer Netflix-Serie darf Shawn Bu inzwischen schon Regie führen, jetzt fehlt nur noch das entsprechende Angebot aus Hollywood...
„It’s just a game“
Noch nicht ganz so erfolgreich wie Shawn Bu ist ein Team von Film-Studenten aus Zülpich, das 2022 ohne jegliche finanzielle Unterstützung in acht Wochen einen Psychothriller gedreht hat. Nach der Premiere in Köln sollte er bei Amazon Prime laufen - so war jedenfalls der Plan.
Die Drehorte fanden sich dann nicht nur in der elterlichen Gaststätte „Anno Pief“ der Initiatorin Laura Schulten, sondern auch auf einer Wiese am Bachtor, am Füssenicher See und in der Wohnung der Schwester.
Das Drehbuch zu dem Psychothriller „It’s just a game“ stammt aus der Feder von Mohamad Nemer, den alle nur Mo nennen. Im Mittelpunkt steht Lili (Silvana Synovia), eine 23-jährige junge Frau, die „Hardcore-Gamerin“ ist und beständig in die Welten des Zockens abtaucht.
Wer kennt Kennfus?
Bei dieser Frage werden die meisten Eifler wohl mit den Schultern zucken und vielleicht auf GoogleMaps nachschlagen.
Unter dieser Bezeichnung finden sie einen Ortsbezirk von Bad Bertrich, das sich wiederum als "Heilbad zwischen Vulkaneifel und Mosel" präsentiert. Das besondere am 500-Seelen-Nest Kennfus:
Hier werden unter dem Titel „Tatort Falkenlay“ abendfüllende Kriminalfilme produziert. Dietmar Johann, Drehbuchautor, Regisseur und Produzent in einer Person und natürlich ein echten Kennfuser Jung, realisiert die 2-Stunden-Dorfkrimis seit 2022 mit rund 80 Laienschauspieler aus dem Ort.
Vorgeführt werden die Streifen in den Kinos der umliegenden Kreisstädte, z.B. in Ulmen oder Cochem, und die Premierenvorstellungen sind stets ausverkauft!
Dokumentationen
Eifel-Dokus anschauen:
A. Natur & Freizeit
Grenzenlos - die Welt entdecken
Nationalpark Eifel - eine Erfolgsgeschichte
Die Eifel - Zwischen Klischee und Neuerfindung
B. Geschichte
Neben Filmen und TV-Serien sind es vor allem Dokumentationen, die gerne in der Eifel abgedreht werde. So haben im Sommer 2018 auf dem Wackerberg zwischen Kall, Schleiden und Gemünd die WDR-Autoren Martin Herzog und Marko Rösseler die Start- und Schluss-Sequenz für ihre Reportage "Allmacht Amazon" aufgenommen.
Meist bewegen sich die Themen aber im Bereich Land und Leute, Natur und Freizeit. So wandert Tamina Kallert in ihrer Reihe "Wunderschön!" durch die wilde Nordeifel oder sie macht gleich eine Fahrradtour von Aachen nach Trier.
Der Reisejournalist Arne Hörmann widmet der Eifel eine eigene Folge unter dem Titel Grenzenlos - Die Welt entdecken, und der WDR stellt den Nationalpark Eifel - als eine Erfolgsgeschichte vor und in der Reihe "WDR Reisen" die Jahreszeiten der Region:
Die Eifel im Winter und - wer hätte das jetzt erwartet - Die Eifel im Sommer, beide wiederum mit Tamina Kallert.
Gerne greifen die TV-Autoren auch die Geschichte der Eifel auf - kein Wunder bei einer Region, deren erste Spuren menschlicher Besiedlung (in der Kakushöhle) bis zu den Neandertaler vor 80.000 Jahren zurückverfolgen lassen. Relativ gut erforscht sind inzwischen die Eifelvulkane, deren letzter Ausbruch vor gut 13.000 Jahre unsere Vorfahren noch live miterleben durften.
Dazu gibt es eine Reihe von TV-Dokumentationen, z.B. hat sich das WDR-Wissenschaftsmagazin "Quarks" dem Thema mehrfach angenommen.
WDR-Moderator Martin von Mauschwitz präsentierte in der Doku-Reihe "Wir vor 100 Jahren" die ehemalige Euskirchener Tuchfabrik Müller, das heutige LVR-Technikmuseum, als Beispiel für die Arbeitsbedingungen im Kaiserreich.
Die Eifel im Krieg
Als Grenzregion wurde die Eifel vor, im und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg ein Brennpunkt der Zeitgeschichte - und bietet damit reichlich Stoff für Filmemacher:
Ein großer Abschnitt des sogenannten "Westwalls" wurde von den Nazis hier als militärische Verteidigungslinie errichtet, außerdem die "NS-Ordensburg Vogesang" oberhalb der Urfttalsperre als Schulungsstätte für den Nachwuchs des NSDAP-Führungskaders.
In der Nähe von Bad Münstereifel wurde das "Felsennest" erbaut, eine Bunkeranlage, die Hitler als militärische Kommandozentrale beim Überfall auf die Benelux-Staaten und Frankreich im Mai und Juni 1940 nutzte. Ende 1944/Anfang 1945 fanden die für die USA verlustreichsten Kämpfe des ganzen Krieges in der Eifel und den angrenzenden Ardennen statt - die Schlacht im Hürtgenwald und die Ardennenoffensive.
In den ersten Nachkriegsjahren wurde die Eifel erst zum Zentrum des Kaffeeschmuggels, dann zu einer Art Spielwiese des Kalten Krieges. Allein drei große Bunkeranlagen wurden in den Eifelfels getrieben, die heute alle aufgegeben sind, aber nach Anmeldung besichtigt werden können -
- der Bunker der Bundesregierung im Ahrtal;
- der Ausweichsitz der NRW-Landesregierung in Urft, einem Ortsteil von Kall;
- der Bunker der Landeszentralbank NRW in Mechernich-Satzvey.
Den wohl ungewöhnlichsten Ansatz verfolgt 2012 die Redaktion von Galileo, dem Wissensmagazin von Pro7: Im ehemaligen Bunker der Landeszentralbank NRW versucht ein professioneller Tresorknacker aus Hamburg, die vier Tonnen schwere Bunkertür zu knacken.
In einer ganz anderen Größenordnung konnte sich Regisseur und Produzent Heinrich Breloer bewegen:
Für das dreiteilige Doku-Drama »Speer und er« hat er 2005 nicht nur 12 Millionen Euro an Produktionskosten aufgebracht, sondern gleich auch das bekannteste deutsche Passagier- und Frachtflugzeug der dreißiger und vierziger Jahre, die JU-52, auf dem Flugplatz Dahlemer Binz starten und landen lassen.
Regionale Filmemacher
Von solchen Budgets können regionale Filmemacher nur träumen:
Mit SchubertFilm hat sich eine eigene Produktionsgesellschaft in Kronenburg etabliert, die im Laufe der Jahre zahlreiche Eifelfilme veröffentlichte. Dasselbe gilt für AWI-Naturfilm in Bitburg.
Web-Plattformen mit diversen regionalen Videos betreiben EifelDrei.TV in Monschau und Rhein-Eifel.TV in Bornheim, weitere interessante YouTube-Kanäle der Nationalpark Eifel und die Biologische Station Düren.
Apropo Youtube: Seit dem 15. Juli 2021 dominierte für Wochen und Monate ein Thema die Video-Beiträge über die Eifel - die Flutkatastrophe und ihre Folgen.
Dokumentationen der TV-Sender, vor allem aber die Videoaufnahmen von betroffenen Anwohnern und Hilfsdiensten im Einsatz zeigen das ganze Ausmaß der Zerstörung.
Der (gedruckte) Eifel-Krimi -
eine literarische Erfolgsgeschichte
weitere Quellen:
paperblog:
Eifel-Blues und die Folgen
DLF Kultur: Wie ein Autor eine Region wiederbelebte
WamS:
Die deutsche Krimi-Landschaft
BücherTreff:
Eifel Krimis - die Übersicht
Fast anderthalb Jahrzehnte nach der "Stadt im Tal" veröffentlicht Jacques Berndorf den ersten "Eifel-Krimi". Er hat auf Anhieb Erfolg und findet Dutzende Nachahmer, die sich im literarischen Genre der Regionalkrimis eine Spitzenposition erarbeiten und sich auf zwei Krimi-Festivals feiern lassen.
"Eifel-Blues" - mit diesem Titel fing 1989 alles an. Der Autor, der mit richtigem Namen Michael Preute heißt, lebt seit 1984 in einem kleinen Dorf in der Vulkan-Eifel, eben Berndorf. Die Region ist offenbar ein Zentrum von Mord, Betrug und Gewalt. Und mittendrin steckt Siggi Baumeister, der sich der Fälle annimmt und sie aufdeckt. Mittlerweile umfasst die Reihe annähernd zwei Dutzend Bände.
Eifel-Krimis werden vor allem von den Verlagen KBV (Hillesheim, Vulkaneifel), Emons (Köln) und Gmeiner (Meßkirch, Oberschwaben) veröffentlicht. Der eine oder andere Autor publiziert mittlerweile auch im Selbstverlag.
Erstaunlich, aber wahr: Obwohl in der Eifel seit Jahrzehnten Filme und Serien gedreht werden und gleichzeitig hunderte Krimis und historische Romane erschienen sind, gibt es zwischen diesen Unterhaltungsformaten keine gemeinsame Schnittmenge.
Bisher ist nur ein einziger Eifelkrimi verfilmt worden. Es handelt sich dabei um den Roman "Eifel-Schnee" von Jacques Berndorf, der im Jahr 2000 vom ZDF unter dem Titel "Brennendes Schweigen" ausgestrahlt wurde. Zwar hat die Produktionsfirma Polyphon (Studio Hamburg) 2007 die Rechte an 13 weiteren Berndorf-Krimis erworben und plante nach eigenen Angaben eine neue TV-Krimireihe. Von einer Umsetzung ist aber nichts bekannt.
Der Imperator in der Eifel
Auf die literarische Weltbühne schaffte es die Eifel bereits vor unserer Zeitrechnung mit dem Titel "De bello Gallico", veröffentlicht 50 v. Chr. im Selbstverlag von einem gewissen Gaius Julius Caesar - vielleicht kein Regionalkrimi im engeren Sinn, aber nach über 2.000 Jahren immer noch Bestseller bei der Zielgruppe der Lateinschüler.
Der römische Karriere-Politiker, gleichzeitig begnadeter Feldherr und PR-Stratege, hatte ein (mehr oder weniger) friedliches Nachbarland überfallen zwecks persönlicher Bereicherung und Steigerung des eigenen Ansehens bei den Fans. Das soll ja heute immer noch vorkommen.
Seine Raubzüge führten Caesar bis nach England und an den Rhein, aber eben auch in die Eifel, von wo er über seine Auseinandersetzungen mit den keltischen Stämmen der Treverer und Eburonen berichtete.
Quereinsteiger
Es gibt sie schon, die gelernten Journalisten, die irgendwann ihr Faible fürs Krimi-Genre entdecken.
Das gilt nicht nur für den "Erfinder" der Eifelkrimis, Jacques Berndorf, der zunächst bei verschiedenen Tageszeitungen und der Illustrierten Quick arbeitete, um sich in den folgenden Jahren als freier Journalist und Kriegsreporter zu betätigen.
Martina Kempff erhielt nach Abitur und dem Abschluss ihres Volontariats Stellen bei verschiedenen Tageszeitungen, Stephan Everling schreibt als freier Mitarbeiter für den Eifelteil der Kölnischen Rundschau.
Andreas J. Schulte arbeitete für den Hörfunk und in einem Pressbüro, Carsten Sebastian Henn ist Restaurantkritiker des Kölner Stadt-Anzeigers und seit 2018 Chefredakteur des Weinmagazins Vinum.
Die Mehrzahl der Autoren zählt jedoch zu den "Quereinsteigern", deren Ausbildung, Studium und erste Berufsstationen nicht unbedingt etwas mit Literatur zu tun hatten.
Die schillerndste Persönlichkeit darunter ist ohne Zweifel Ralf Hergarten, dessen Positionen und Projekte spielend ein halbes Dutzend konventioneller Karrieren füllen würden:
Er arbeitete als angestellter Manager, er war und ist Unternehmens- und Schuldnerberater, Mentor und Psycho-Coach, stand acht Jahr lang als (parteiloser) Bürgermeister der Stadt Schleiden an der Spitze des Rathauses, leitete die Flüchtlingsunterkunft auf Burg Vogelsang, spielte als "Kleindarsteller" bei einigen TV-Produktionen mit, ist Gastgeber von Touristen-Apartments...
Ach ja, einen Eifelkrimi hat Hergarten natürlich auch geschrieben (2014, "Tief in der Eifel").
Fortsetzungen gab es bislang keine, der Mann verfolgt einfach zu viele andere Projekte.
Jacques Berndorf und seine Epigonen:
Inzwischen unterhalten mehr als drei Dutzend Autoren ihre Leser mit Eifel-Krimis. Und deren Zahl wächst ständig - nicht zuletzt durch die freundliche Mithilfe der ARD und ihrer beiden Eifel-Krimi-Serien. Allein die Facebook-Seite zur Serie "Mord mit Aussicht" hat fast 40.000 Fans.
Serienhelden
Eifelkrimi-Autoren
und ihre Ermittler:
Stefan Barz:
Kommissar Jan Grimberg
Jacques Berndorf:
Siggi Baumeister, Journalist, und sein Freund Rodenstock, Kriminalrat a.D.
Guido M. Breuer:
Opa Bertold, lebt in einer Seniorenresidenz in Nideggen
Carola Clasen:
(Ex-)Kommissarin Sonja Senger
Stephan Everling:
Kommissar Schwarz
Rolf Eversheim:
Roman Mülenberk, Aussteiger
Jörg Fockenbrock:
Seniorendetektiv Ottmar Marzansky, Strafverteidiger a.D.
Sascha Gutzeit:
Kommissar Engelmann
Carsten Sebastian Henn:
Julius Eichendorff, Sternekoch an der Ahr
Andreas Izquierdo:
Jupp Schmitz, Reporter des Dörresheimer Wochenblattes
Rudof Jagusch:
Hauptkommissar Horst „Hotte“ Fischbach
Karin Joachim:
Tatortfotografin Jana Vogt ermittelt im Ahrtal
Martina Kempff:
Katja Klein, gelernte Journalistin und ehemalige Moderedakteurin
Angelika Koch:
Kriminalhauptkommissar Werner Baltes
Ralf Kramp:
Herbie Feldmann und sein (fiktiver) Begleiter Julius
Ute Mainz:
Kommissar Steffens, Leiter des Polizeireviers in Monschau
Olaf Müller:
Kommissare Fett und Schmelzer
Edgar Noske:
Roger Lemberg, Chef der SOKO-Eifel
Ralf Lano:
Karl Bermes, Dorfschmiedt von Disselbach
Elke Pistor:
Kommissarin Ina Weinz
Andrea Revers:
Frederike Suttner, pensionierte Kriminalkommissarin
Ulrike Schelhove:
Kommissarin Ilka Landwehr und ihr Chef Alex Stettenkamp
Jürgen Schmidt:
Privatdetektiv Andreas Mücke
Andreas J. Schulte:
Paul David, Ex-Militärpolizist
Hans Jürgen Sittig:
Kommissar Jan Wärmland
Peter Splitt:
Kommissar Kurt Laubach
Markus Theisen:
Kommissar Fritz Weller
B.D. Thion:
Kommissarin Ina Helle aus dem fiktiven Hassfeld
Andrea Tillmanns:
Luisa Weinstrauß, Musiklehrerin
Hubert vom Venn:
Charly Nusselein, Journalist
Jan Westmann:
Tilla, Gemüsehändlerin
Ursula Weyermann:
Ruth Pitscher und Harald Keller, pensionierte Beamte aus Kreuzau
Erfolgreiche Autoren belassen es nicht bei einer "Eintagsfliege", sie schaffen ganze Krimiserien. Die einzelnen Folgen sind in sich abgeschlossen - klar, das Verbrechen muss ja aufgeklärt werden. Tatorte und Plots wechseln, aber die Ermittler bleiben die gleichen.
So entsteht mit der Zeit eine treue Lesergemeinde, die mit den Serienhelden der Aufklärung des nächsten Falles entgegenfiebert. Meist ermitteln Profis, also gestandene Kriminalisten, aktive oder pensionierte Kommissare, manchmal aber auch neugierige Journalisten und ein Sternekoch an der Ahr. Eine "Miss Marple der Eifel" ist auch darunter, jedoch - anders als bei Agatha Christie - mit einschlägiger Berufserfahrung.
• Jacques Berndorf alias Michael Preute entscheidet sich für einen konventionellen Ansatz: Sein Protagonist, Siggi Baumeister, ist eine Art "alter ego", ein Journalist, den es in die Eifel verschlagen hat.
Neugier ist die Berufskrankheit des Journalisten, und so steckt Baumeister seine Nase gerne in die Dinge, die ihn eigentlich nichts angehen. Manchmal bekommt er richtig Prügel - wie gut, dass sein Freund Rodenstock, ein Kriminalrat im Ruhestand, ihm zur Seite stehen kann!
• Einen krassen Gegenentwurf dazu zeichnet Ralf Kramp:
Sein Ermittler, Herbie Feldmann, ist ein Spinner, und genauso betitelt er den ersten Band (1997) dieser Reihe. Feldmann stolpert in seine Fälle, und - noch schlimmer - er hat "einen neben sich gehen".
Mit seinem unsichtbaren Begleiter Julius führt er ständig Selbstgespräche. Klinische Psychiater diagnostizieren Schizophrenie im fortgeschrittenen Stadium, der Leser amüsiert sich an den (schwarz-) humorigen Dialogen.
• Jupp Schmitz, das klingt nach altem Kölschen Adel, der Mann ist aber Reporter in der Eifel beim (natürlich erfundenen) Dörresheimer Wochenblatt.
Die Fälle sind derart skurril und witzig, dass "Mord mit Aussicht" dagegen wie eine bierernste Angelegenheit wirkt.
Leider hat es sein Erfinder, Andreas Izquierdo, bei vier Folgen zwischen 1995 und 2000 belassen. Damit ist er aber - nach Jaques Berndorf und noch vor Ralf Kramp und Carola Clasen - einer der ganz frühen Eifelkrimi-Autoren - Ehre, wem Ehre gebührt!
• Julius Eichendorff ist Sternekoch an der Ahr und freut sich über beste Umsätze - jedenfalls bis zum ersten Corona-Lockdown im März 2020. Als es nach dem zweiten Lockdown im Sommer 2021 gerade wieder aufwärts geht, verwüstet die große Flut das gesamte Ahrtal.
Die Leser sind gespannt - wird Eichendorff bei Delivery Hero umschulen müssen?
Es gibt Hoffnung: Gastrokritiker und Krimiautor Carsten Sebastian Henn hat das Flut-Szenario bereits 2014 mit dem Titel "Ave Vinum" literarisch vorweggenommen - dieser Autor hat nicht nur Phantasie, sondern eine beinahe seherische Gabe!
Eichendorff ist hart im Nehmen und gerät manchmal selbst unter Verdacht, wenn beispielsweise sein schärfster Konkurrent tot aufgefunden wird - tiefgefroren in einem Block Eis. Seine Spürnase hilft ihm dann gleichermaßen beim Kochen und bei der Aufklärung der Verbrechen.
• Je kleiner das Eifelnest, desto mörderischer seine Bewohner. Das muss auch Katja Klein erfahren, als die ehemalige Moderedakteurin nach Kehr an die belgische Grenze zieht. Die Autorin Martina Kempff hat dort selbst ein paar Jahre gelebt und setzt dem Ort ein Denkmal in den Titeln ihrer Eifelkrimis:
Kehraus für eine Leiche, Bekehrung, Kehrblechblues, Umkehrschuss - um nur einige zu nennen.
Solange sich im Deutschen noch Wortspiele mit der Silbe "kehr" konstruieren lassen, wird der gebeutelte Eifelort wohl nicht zur Ruhe kommen...
Historische Romane
Ritter, Burgen, Fehden - gerade in der Eifel lief im Mittelalter einiges zusammen, und die Zeit dürfte deutlich blutiger gewesen sein als die Gegenwart. Da konnten einige Autoren nicht widerstehen und haben ihre Handlungen einfach mal ein paar hundert Jahre in die Vergangenheit gelegt:
• Petra Schier gilt als eine der produktivsten und erfolgreichsten Autorinnen der letzten Jahre mit einem ausgeprägten Hang zu Hunde-Prosa ("Vier Pfoten im Sommerwind" usw.) und Mittelalter-Plots.
Mit der "Kreuz-Trilogie" ist sie Dan Brown auf den Fersen, denn alles beginnt im Jahre des Herrn 1148 mit einem Abstecher nach Jerusalem, wo sich drei Tempelritter ein magisches Kruzifix unter den Nagel reißen.
Zweihundert Jahre später sind es wiederum Frauen, die auf Eifelburgen die Konsequenzen dieser Beschaffungskriminalität ausbaden dürfen.
• Helga Glaesener hat sich ganz den historischen Romanen verschrieben; Orte, Zeiten und Protagonisten wechseln jedoch - so wird es nie langweilig!
"Die Hexe und der Leichendieb" startet auf der Wildenburg unweit von Hellenthal. Sophie hat gut eingeheiratet und ist jetzt Burgherrin, aber der jähzornige Göttergatte holt sich eine schöne Hexe ins Bett.
Schon im Mittelalter gilt - Augen auf bei der Partnerwahl!
• Andreas J. Schulte siedelt seine ersten Fälle (erschienen zwischen 2013 und 2016) im mittelalterlichen Andernach an, gleichzeitig eine Stadt am Rhein und am Rand der Eifel. Sein Protagonist ist in vier Bänden der Ritter Konrad von Hochstade und Greich, der im Jahr 1476/1477 üble Verschwörungen und Morde gegen Stadt und Kaiser aufdecken muss. Einen echten Konrad von Hochstaden (mit zusätzlichem "n" am Ende) gab es wirklich: Der lebte zwei Jahrhunderte früher und war von 1238 bis 1261 Erzbischof von Köln. Ob es zu dieser Zeit schon pädophile Priester in seinem Bistum gab? Bestimmt, aber es hat sich wohl niemand darum gekümmert. Bis sich daran etwas ändert und die Öffentlichkeit genauer hinschaut, sollten noch einmal annähernd 800 Jahre vergehen. Aber, mal ehrlich, was bedeuten für die Kirche ein paar Jahrhunderte im Angesicht der Ewigkeit?
• Hans Astor bleibt - im Gegensatz zu den meisten seiner Schriftsteller-Kollegen - bei seinen historischen Stoffen nicht einer bestimmten Epoche verhaftet, sondern flitzt nur so durch die Jahrhunderte.
"Teuflische Machtgier" führt die Leser in das ganz frühe Mittelalter, als im Jahr 732 Karl Martell, Hausmeier des fränkischen Reiches, bei der Übertragung von Machtbefugnissen an einen Vogt offenbar die falsche Personalentscheidung getroffen hat.
Titel wie "Graues Gold" und "Kloster Gold" spielen wiederum in der frühen Neuzeit, während Astor mit "Felsenbier & Spekulanten" und "Blutige Gleise" dann schon im 19. Jahrhundert in der Zeit der Industrialisierung angekommen ist.
Ein roten Faden in der Handlung ist häufig die Region um Niedermendig in der Vulkaneifel. Mit den - durchaus spannenden - Verwicklungen könnte man so manches Seminar über Wirtschafts- und Sozialgeschichte anreichern.
• Mittelalter und Neuzeit? Da kann Sabine Altenburg nur lachen.
In ihrer "Eifel-Saga" überschreitet sie sogar den Beginn unserer Zeitrechnung und führt ihre Leser zu den Feldzügen eines gewissen Julius Caesar. Diesmal jedoch nicht aus der Perspektive des großen Imperators ("De Bello Gallico" - ehemalige Lateinschüler werden sich erinnern), sondern aus der seiner Opfer, der Gallier bzw. Kelten.
Im ersten Band zieht Hannah, eine junge Malerin aus dem Köln der Gegenwart, in die Eifel, probiert ein paar Kreativitätstechniken aus und schlüpft während einer Mediation in die Rolle der keltischen Priesterin Amena. Aber auch andere Keltenfrauen hatten´s nicht leicht mit den Männern und mit den Römern, und so erleben nach der Priesterin auch die Heilerin und die Königin der Kelten (so die Titel der Serie) ihre romantischen Abenteuer in den aufeinander folgenden Bänden.
Manche Leserinnen stören sich an den Zeitsprüngen. Vielleicht hat sich die Autorin vom Kelten-Druiden Miraculix den falschen Zaubertrank mischen lassen?
Die Krimihauptstadt
Hillesheim in der Vulkaneifel, nicht weit von Berndorf entfernt, bespielt das Thema ziemlich erfolgreich und hat sich zur "Hauptstadt des Verbrechens" in der Eifel erklärt. Hier gibt es ein Kriminalhaus mit dem Café Sherlock, ein Krimihotel, einen Krimi-Wanderweg und im 2-Jahres-Rhythmus das Krimifestival "Tatort Eifel".
Krimi-Wochenende: Wer seinen kriminalistischen Spürsinn testen möchte, dem bietet das Krimihotel in Zusammenarbeit mit der Kölner Agentur Bluspur bereits seit Jahren ein spannendes Krimi-Wochenende in der Eifel an oder alternativ - wenn die Zeit knapp ist - einen Krimi-Tag. Für die zweite Jahreshälfte 2021 wurden jedoch alle Termine abgesagt. Beide Häuser, also auch das angrenzende Hotel Augustiner Kloster, haben durch die Flut vom 14. Juli im Unter- und Kellergeschoss einen Totalschaden erlitten und müssen aufwendig saniert werden.
Aktiv-Urlaub: Drei Damen aus Hillesheim, allesamt zertifizierte Gästeführerinnen, wussten die Gunst der Location zu nutzen. Unter ihren "Künstlernamen" - Hella Blick, Da´ne Spur und Klara Fall - bieten sie wöchentlich Krimi-Wanderungen, Führungen und Tatorten-Touren im Krimibus an - frei nach dem Motto: "Mord auf Rädern".
In der näheren Umgebung leben mehrere Autoren von Eifelkrimis, deren Fälle dort in der Regel auch gelöst werden. So hat sich mit der Zeit ein regelrechter "Tatort-Tourismus" entwickelt.
Teile der Krimi-Wanderwege wurden beschädigt und können nur noch "auf eigene Gefahr" begangen werden, das ist dem Thema irgendwie angemessen. Geführte Krimiwanderungen werden bis auf weiteres nicht stattfinden, die Führungen beschränken sich auf die Krimihauptstadt Hillesheim.
Euskirchen, Kreisstadt am Rand der Nordeifel, hat wiederum bei den echten Kriminalfällen und als Drehort die Nase vorn. Fans können sich hier zu einem "Krimi-Geocaching" anmelden, von den Initiatoren beworben als "eine optimale Aktivität für Teambuilding, als abwechslungsreiches Rahmenprogramm für eine Tagung oder auch als niveauvoller Junggesellenabschied".
Die Eifel - nichts für schwache Nerven
Eine schöne Landschaft mit vielen Touristen-Attraktionen allein kann den rasanten Aufstieg der Eifel als Film- und Krimi-Schauplatz nicht erklären. Tatsächlich zeichnet sich die eher dünn besiedelte Region im Westen Deutschlands auch im wahren Leben durch blutige Schlachten und spektakuläre Verbrechen aus, und das nicht erst seit gestern.
Dabei ist die Quellenlage schon im Altertum erstaunlich gut dank eines gewissen Julius Cäsar und seines Werks "De Bello Gallico" (ehemalige Lateinschüler werden sich gerne erinnern).
Im Jahr 54 v.Chr. locken die keltischen Eburonen die römischen Besatzungstruppen in der Nordeifel - vermutlich in der Nähe von Nideggen - aus ihrem Winterlager in einen Hinterhalt und töten etwa 10.000 Legionäre. Der große Imperator unternimmt in den Folgejahren mehrere Rachefeldzüge gegen die Eburonen, die nicht auf die Hilfe eines Asterix und den Zaubertrank des Miraculix zählen können.
Wenige Kilometer entfernt - und ein paar Jahrhunderte später - gerät der Frankenherrscher Theudebert II. nach einer verlorenen Schlacht gegen seinen Bruder zwischen Zülpich und Mechernich in Gefangenschaft (612) und wird später hingerichtet.
Auch die Wikinger statten der Eifel im frühen Mittelalter den einen oder anderen Besuch ab, obwohl niemand sie eingeladen hat. In den Jahren 882 und 892 plünderten sie Kloster und Abtei Prüm in der Westeifel, seinerzeit eines der kulturellen Zentren des Frankenreichs.
Zu früh gefreut
Im weiteren Verlauf des Mittelalters stabilisierten sich die Verhältnisse in der Eifel, wenn man einmal von Missernten oder Pestzügen absieht. Aber dieses Los hatten ja auch andere Regionen zu tragen.
Ganz ohne Eigenheimzulage entwickelte sich ein regelrechter Bauboom an Burgen, Schlössern und Klöstern, dem dann aber der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. ein abruptes Ende bereitete. Während seiner Raubkriege (seit 1688) wurden über 90% der stattlichen Anwesen niedergebrannt.
Dabei waren die Eifler zuvor im 30jährigen Krieg (1618-1648) noch mit einem blauen Auge davon gekommen und hatten sich schon auf bessere Zeiten gefreut.
Für Autoren auf der Suche nach Räubern und Mördern, Messerstechern und Kurpfuschern bietet die Eifel eine wahre Fundgrube, wie zum Beispiel für den Mechernicher Heimatforscher Anton Könen, der 2010 eine Chronik der furchtbarsten Verbrechen aus dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorgelegt hat. Er hatte dafür Tages- und Wochenzeitungen dieser Epoche aus den Kreisen Schleiden und Euskirchen ausgewertet.
Noch weiter zurück in die Vergangenheit geht Hans-Peter Pracht aus der Gemeinde Grafschaft im Ahrtal, der 1991 ein Buch über die Hexenverfolgung in der Eifel veröffentlicht und 2015 eine Sammlung der historischen Kriminalfälle nachlegt.
Zwischen 1593 und 1629 brannten nach Hexenprozessen in Schmidtheim, Blankenheim und Jünkerath die Scheiterhaufen. Im Jahr 1800 überfiel eine vierzigköpfige Räuberbande einen Gasthof in Düttling und richtete unter Gästen und Personal ein Massaker an. Heute würden nach einem solchen Vorfall eine Vielzahl negativer Bewertungen zur Unterkunft bei Airbnb und in den sozialen Medien eingestellt. Dem Wirt, der schwer verletzt überlebte, blieb diese zusätzliche Schmach erspart.
Im August 1927 erschoss ein 76jähriger Förster das Besitzerehepaar von Schloss Wachendorf bei Satzvey, ehe er sich selbst umbrachte. Der Mann galt als geisteskrank und sollte in einer Irrenanstalt untergebracht werden; im Jahr zuvor hatten sich die Schlossbesitzer noch für ihn eingesetzt.
Exorbitant hohe Kaffee-Steuern in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg verwandelten die gesamte Westeifel zu einem Schmuggler-Paradies. Straff organisierte Schmugglerkolonnen schleusten tonnenweise Kaffee im Millionenwert aus Belgien am deutschen Fiskus vorbei. Ein ganzes Eifel-Dorf stand deswegen vor Gericht, ein Pfarrer schloss seine kriminellen Schäfchen ins Gebet ein.
In den Jahren zwischen 1946 bis 1952 seien 31 Schmuggler und zwei Zöllner erschossen worden, behauptet der Aachener Lokalhistoriker und Journalist Wolfgang Trees. Mehr als hundert Schwerverletzte habe es auf beiden Seiten gegeben.
Sex & Crime: Das Mädchen Rosemarie
So ein Pech: Das aufsehenerregendste und am häufigsten verfilmte Verbrechen im Nachkriegs-Deutschland der fünfziger Jahre geschah nicht in der Eifel, sondern in der Stadt des Geldes, in Frankfurt.
Die Rede ist natürlich vom Mord an der Edelhure Rosemarie Nitribitt im Herbst 1957. So titelte damals die Boulevardpresse, die für Monate ihren Auflagenschlager gefunden hatte. Die Quick (gibt es heute nicht mehr) setzte sogar eine Belohnung von 50.000 Mark auf die Ergreifung und Überführung des Täters aus - ohne Erfolg.
Heute würde die Profession der Nitribitt vermutlich mit "Sexarbeiterin" umschrieben, jedenfalls in der Pressemitteilung aus dem Büro der Gleichstellungsbeauftragten.
Die Dame pflegte nachhaltige Geschäftsbeziehungen in die höchsten Kreise von Wirtschaft und Politik. Dies und die vergebliche Suche nach dem Täter begründen ungefähr doppelt soviel Verschwörungstheorien wie nach der Ermordung Kennedys oder dem 11. September.
Letztlich wurde - wenig phantasievoll - zweieinhalb Jahre nach dem Mord der ehemalige Freund des Opfers vor Gericht gestellt und mangels Beweisen freigesprochen. Sein erfolgreicher Strafverteidiger brachte es später bis zum bayerischen Innenminister, von irgendwelchen Masken-Deals ist aber nichts bekannt.
In ihrer Jugend lebte die Nitribitt bei einer Pflegefamilie in Mendig, und so wurde in der Berichterstattung auch die Vulkaneifel gerne erwähnt. Einen Anknüpfungspunkt für die Tourismuswerbung sahen die Lokalpolitiker seinerzeit wohl nicht - Chance verpasst!
Kidnapping
In den siebziger Jahren gehörte Joachim-Georg „Jochem“ Erlemann in Köln zur Lokalprominenz. Der promovierte Finanzexperte war mit kreativen Steuersparmodellen für betuchte Kunden reich geworden und führte zwischen 1976 bis 1979 als Präsident den Eishockey-Club Kölner EC (die „Haie“) zweimal zur Meisterschaft.
1980 wurde Erlemann verhaftet und zu acht Jahren Haft verurteilt, nachdem ein betrügerisches Projekt mit geleasten Gasflaschen nach Schätzungen des Gerichts einen Schaden von über 100 Millionen Mark angerichtet hatte.
Während Erlemann in U-Haft saß, wurde am 6. März 1981 sein elfjähriger Sohn Johannes von drei Brüdern entführt, die ihn nach Nideggen-Schmidt in die Eifel verschleppten. Dort hielten sie den Jungen zwei Wochen lang in einem 1,50 Meter breiten, zwei Meter langen und nur 1,60 Meter hohem Bretterverschlag fest, die meiste Zeit angekettet.
Nach Zahlung von drei Millionen Mark Lösegeld in gebrauchten Tausend- und Hundert-Mark-Scheinen und der anschließenden spektakulären Flucht in einem Gummiboot ließen die Täter den Jungen auf einem Feldweg bei Mönchengladbach frei. Sie wurden wenige Tage später verhaftet und zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.
Erst sieben Jahre alt war Denis Mook aus Bremen, als ihn sein Entführer am 5. Oktober 1988 auf dem Weg zur Schule abfing, ihn - gefesselt und geknebelt - in eine Holzkiste steckte, sich auf den Weg nach Brandscheid bei Prüm in der Westeifel machte und ihn dort in einer Ferienhaussiedlung versteckt hielt.
13 Tage später wurde der Kidnapper, der 23jährige Marcus N. aus Soest, nach der Lösegeldübergabe (1 Million Mark) und einer anschließenden Geiselnahme eines Bahnbeamten gefasst. Erst aufgrund einer „nachdrücklicher Vernehmung“ verriet der Täter den Aufenthaltsort seines Opfers - zuvor hatte er mit dessen Ermordung gedroht.
Amok am Amtsgericht
Im März 1994 erschoss der 39jährige Erwin M. in einem Nebengebäude des Amtsgerichts Euskirchen 7 Menschen, darunter den Richter, und verletzte 8 weitere schwer. Der gelernte Installateur war mit Lackmantel, Lacklederstiefel, Stirnband, Sonnenbrille und einer Knoblauchkette um den Hals vor Gericht erschienen, um Widerspruch gegen einen Strafbefehl über 7.200 Mark wegen schwerer Körperverletzung einzulegen - vergeblich.
Nach der Tat sprengte er sich mit einer selbstgebastelten Bombe in die Luft.
Nur wenige Monate später drehte RTL ein Dokudrama unter dem Titel "Tag der Abrechnung" mit Christopher Waltz, dem späteren zweimaligen Oskar-Preisträger, in der Hauptrolle als Attentäter und Cornelia Froboess als seine Mutter.
Seither gelten in ganz Deutschland vor Gericht ähnliche Sicherheitsmaßnahmen wie auf den Flughäfen.
Darknet Eifel
Es kommt nicht häufig vor, dass eine US-Zeitschrift eine mehrseitige Reportage über die Eifel veröffentlicht. Im August 2020 lautete die Schlagzeile im renommierten Magazin THE NEW YORKER: »The Cold War bunker that became home to a dark-web empire.«
Ende September 2019, ein knappes Jahr vor dem Erscheinungsdatum des Artikels, hatten Spezialeinsatzkräfte, darunter auch die GSG 9, in einem Großeinsatz einen ehemaligen Nato-Bunker in der Nähe von Traben-Trabach an der Mosel gestürmt. Den hatte ein niederländischer Hacker für 350.000 Euro regulär erworben und darin ein Rechenzentrum eingerichtet, um - nach eigenen Angaben - als »Bulletproof-Hoster« eine Plattform für Webangebote zu vermarkten "mit Ausnahme von Kinderpornografie und allem, was mit Terrorismus zu tun hat".
Bei der Razzia wurden 886 physische und virtuelle Server mit zwei Millionen Gigabyte sichergestellt. Die Ermittler gaben an, von den ausgewerteten Daten sei nichts legal gewesen, mit dem Geschäftsmodell »Cyberbunker« sei vielmehr Beihilfe zu rund einer viertel Million Straftaten geleistet worden.
Das Chicago der Eifel - oder -
Was ist los in Kall und Sötenich?
1948 erlebt Kall sein erstes Selbstmordattentat - damals noch nicht mit islamistischem Hintergrund, sondern aus verschmähter Liebe.
Die 68-jährige Inhaberin eines Tabakladens in der Gemünder Straße stirbt an einem Morgen im April 1976 eines unerwarteten und grausamen Todes.
Nein, es ist nicht der gelbe Qualm - die Kampagne "Rauchen schadet Ihrer Gesundheit" ist schließlich noch nicht erfunden. Ihr Verhängnis: Sie hat einen Dieb beim Griff in die Ladenkasse erwischt, und der schlägt erbarmungslos zu.
Der Mörder ist in diesem Fall nicht der Butler oder der Gärtner - soviel wirft der Tabakladen wohl doch nicht ab.
Er wohnt in Keldenich, einem Ortsteil von Kall, und arbeitet bei den Rheinischen Kalkwerken in Sötenich. Nach einer Zeugenaussage kann die Polizei ihn noch am Abend desselben Tages festnehmen; er wird später zu lebenslanger Haft verurteilt.
Ruhe sanft: Auf dem Kaller Friedhof wird im Oktober 1982 ein Grab geöffnet und über 800.000 DM Beute aus einem Raubüberfall mit Geiselnahme sichergestellt. Der Haupttäter ist ein ehemaliger SEK-Beamter, ausnahmsweise nicht aus Kall.
Der Mann findet Jahre später, so lässt uns die Lokalpresse wissen, in seiner Rheinbacher Gefängniszelle zu Gott und wendet sich dort unter dem Künstlernamen „Dan Siluan“ dem Bemalen von Ikonen zu.
Erfolgreiche Resozialisierung im Strafvollzug?
Razzia: In Sötenich, einem Ortsteil von Kall, umzingelt im Juni 2003 das Sondereinsatzkommando SEK auf Anweisung des Generalbundesanwalts die "Osmanische Herberge" der Sufi-Gemeinschaft, eines islamischen Ordens. Nach ein paar Tagen sind alle inhaftierten Sufis wieder auf freiem Fuß - in Sötenich hatte niemand einen zweiten 11. September geplant.
Die Osmanische Herberge gibt es übrigens als Kulturzentrum mit angeschlossenem Restaurant Derwisch immer noch. Sie hat inzwischen über 100 Google-Rezensionen (Bewertung: 4.8) eingesammelt -
welch ein großartiges "happy end" für eine vermeintliche Terrorzelle!
Sufi-Chef Sheik Peter Hassan Dyck wusste gleich, wem er den SEK-Besuch zu verdanken hat: Es seien die Phantasien eines verwirrten Bruders aus dem Naqschbandi-Orden gewesen. Irgendwie beruhigend, dass nicht nur die katholische Kirche etliche zweifelhafte Figuren in ihren Reihen hat (vgl. Geheimakte "Brüder im Nebel" beim Kölner Kardinal)!
Im Nachbarort Frohnrath lebte der »Eifel-Sniper«, der ab 2008 als übergewichtiger Fernfahrer mit lockerer Knarre die deutschen Autobahnen unsicher machte und eine der größten Rasterfahndungen der deutschen Geschichte auslöste.
Leiche im Anhänger: 2012 erschoss der Chef eines Autohauses in Sötenich seinen Kumpel im Keller der Werkstatt, und das halbe Dorf half bei der Beseitigung der Leiche. Dem WDR war dieser Mordfall sogar eine eigene Dokumentation (2015) wert.
70 Euro Beute: Im August 2006 wurde ein 33jähriger Angeklagter aus Kall vom Landgericht Aachen wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Gleichzeit stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Der Mann hatte im Prozess gestanden, eine 80jährige Frau aus Hellenthal ermordet zu haben, um dann mit 70 Euro Beute zu fliehen. Vor demselben Gericht landete sechs Jahre später der 60-jährige Viktor K., der beschuldigt wurde, bei einem Zechgelage in Kall einen 48-jährigen - wiederum aus der Gemeinde Hellenthal - erstochen zu haben.
Die Panzerknacker
Die Eifel hat sich auch in der Statistik der grenzübergreifenden Schwerkriminalität auf einen der vorderen Plätze geschoben, allerdings nicht in Bezug auf die Herkunft der Täter, sondern als Region der Opfer, in diesem Fall der Betreiber von Geldautomaten.
Klassische Handwerksberufe wie die des Kürschners oder Edelsteinfassers sind vom Aussterben bedroht, und so sieht man gleichfalls immer seltener - wohl aufgrund überzogener Sicherheitsvorkehrungen - den Bankräuber à la Bonnie & Clyde bei der Arbeit:
Aug' in Aug' mit dem Kassierer, mit gezogener Knarre und Wollmaske im Gesicht.
Nach Beobachtungen der Polizei sind es überwiegend verzweifelte Einzeltäter, die diesen "modus operandi" noch pflegen, oft aus einer spontanen (finanziellen) Notlage heraus, schlecht vorbereitet und ohne die notwendige Qualifikation und Erfahrung. Entsprechend gering sind die Erfolgsaussichten - die Polizei freut sich über eine Aufklärungsquote von über 90%.
Berufsbilder ändern sich, technischer Aufwand und Spezialisierung nehmen zu.
So haben sich in den Niederlanden nach der Jahrtausendwende einige Banden gebildet, die mit nächtlichen Blitzangriffen auf Geldautomaten reiche Beute machen, vorzugsweise in der Eifel. Zeitweise werden die Automaten im Wochenrhythmus geknackt, und das Lieblingsziel liegt - wie nicht anders zu erwarten - in Kall:
Die ehemalige Postbankfiliale in der Bahnhofstraße war ein halbes Dutzend mal Ziel der Anschläge - Wiedersehen macht Freude!
Anpassungen an die Erfordernisse der Corona-Pandemie sind für die Täter kein Thema: So gehört die Maske seit jeher zur Berufskleidung. Ein Wechseln zu OP- oder FFP2-Masken lehnt man jedoch ab, das sei mit der Berufsethik nicht vereinbar.
Die Beachtung der Mindestabstandsregeln stellt dagegen kein Problem dar. Stunden mit hohem Publikumsandrang kamen für die eigene Berufsausübung nie in Frage.
Dass Frau Antje aus Holland mit Käse und ihren Cousins Piet, Claas und Bram häufig in der Eifel unterwegs ist - gerne auch auf schweren Motorrädern und im Campingmobil - daran haben sich die Eifler ja gewöhnt, aber als Automatensprenger in nächtlicher Kurzvisite?
Ganz so verhält es sich nicht. Wenn in einzelnen Fällen die Täter auf frischer Tat bzw. nach einer wilden Verfolgungsjagd durch die Polizei gestellt werden wie Anfang 2021 in Marmagen, lauten ihre Vornamen Mahmout, Murat oder Zakaria.
Es handelt sich um Mitglieder arabischer Familienclans. Pardon, korrekt müsste es wohl heißen "Niederländer mit marokkanischem Migrationshintergrund".
Im Rahmen einer erfolgreichen Integration legen sie Wert darauf, finanziell auf eigenen Füßen zu stehen, und befördern gleichzeitig - in den Niederlanden gibt es viel weniger Geldautomaten als in Deutschland - den grenzüberschreitenden Bargeldverkehr in der EU. Wirtschaftswissenschaftler kritisieren allerdings bei diesem Geschäftsmodell, dass die Wertschöpfung letztlich zu 100% in den Niederlanden stattfindet, die Kollateralschäden aber in Deutschland auftreten.
Sie schlagen vor, in bilateralen Gesprächen auf Ministerebene zu einem fairen Ausgleich zu finden.
Mordversuch mit Aussicht
Am Ende eines feuchtfröhlichen Abends im April 2019 verprügeln zwei Russlanddeutsche ihren Zechkumpan und verfrachten ihn auf die geschlossene Ladefläche eines Kleintransporters. Ende der Dienstfahrt ist nach rund 40 km die Urfttalsperre. Dort binden die beiden Täter ihr Opfer mit einem Seil ans Heck des Transporters und schleifen es 500 Meter über einen Schotterweg. Der Mann überlebt nur, weil ihn eine Passantin schwerverletzt am frühen Morgen zufällig findet.
« Zurück nach Sötenich, dem wahren Hotspot der Verbrechens in der Eifel:
Dort hat 2019 ein Mann im Drogenrausch seine eigene Großmutter getötet. Zwei Jahre später, im März 2021, gibt es ein paar Kilometer weiter einen Toten nach einer Messerstecherei auf einem Feldweg an der Wallenthaler Höhe.
Im April 2021 steht ein Kaller wegen versuchten Mordes in Verbindung mit einem Brandanschlag vor Gericht.
Die Inzidenz bei Kapitalverbrechen mancher westdeutschen Großstadt stellt die kleine Eifelgemeinde wohl spielend in den Schatten. So ganz genau weiß man das nicht, die Nordeifel-Touristik mit Sitz in Kall (!) hält die entsprechende Statistik unter Verschluss. Offiziell heißt es dazu, es gebe Probleme mit dem Datenschutz, man warte auf verbindliche Vorgaben aus Brüssel. Im Übrigen seien wichtige Unterlagen zu diesem Thema durch die Überflutung des Archivs am 14. Juli 2021 unwiederbringlich verloren gegangen.
Auch hat noch niemand Lockdown und Ausgangssperren zur Vorbeugung weiterer Verbrechen gefordert, selbst der Bürgermeister hält sich zurück.
Werden die Verantwortlichen ihre Lockerungsstrategie durchhalten können?
Gut möglich, wenn es ihnen weiterhin gelingt, Karl Lauterbach (im Unterwelt-Jargon: "die Nervensäge") aus der Region fernzuhalten.
Krimi-Dinner: Eine Leiche zum Dessert
Verbrechen und Verkosten gehen bisweilen eine interessante Symbiose ein - vor allem in der Eifel!
So erleben Gäste alle paar Monate auf Burg Nideggen eine "Nacht des Schreckens". Gemeint ist natürlich nicht die gastronomische Qualität - schließlich haben sich die beiden Köche im Burg-Restaurant „Brockel Schlimbach“ bereits 2019 einen Michelin-Stern erkocht (und bislang verteidigt) - sondern das Krimi-Dinner als kulinarischer wie intellektueller Genuss.
Die Veranstalter werben mit "gemütlichem Ambiente und gehobener Gastronomie in historischer Atmosphäre".
Weitere Spielorte in der Eifel sind u.a. das Krimi-Hotel Hillesheim, das Burghaus Kronenburg oder das Restaurant Steinsmühle (Bad Münstereifel) veranstaltet.
Darüber hinaus können hunderte "kulinarische Tatorte" in ganz Deutschland auf Internet-Seiten wie Das-Kriminal-Dinner, Krimidinner, Mord à la carte oder Dinner Krimi besichtigt und gebucht werden.
In der Regel mischt sich eine Schauspielertruppe unter die - Böses ahnenden - Gäste, die in die Spielhandlung einbezogen werden. Wer so viel eigenes Engagement beim Essen grundsätzlich ablehnt, ist mit einer gastronomischen Krimilesung besser bedient und lernt bei dieser Gelegenheit auch noch den Autor persönlich kennen.
Besonders emsig unterwegs ist Autor und Verleger Ralf Kramp - immer ein Garant für einen unterhaltsamen Abend!
Die anderen Autoren von Eifelkrimis trifft man beim Essen Ende August und im September bei den Krimitagen "Nordeifel-Mordeifel" und beim Krimifestival "Tatort Eifel" in der Vulkaneifel.
Unabhängig von solchen Großereignissen gibt es immer wieder Autoren-Lesungen, häufiger nach Neuerscheinungen. Bei dieser Gelegenheit werden handsignierte Exemplare angeboten, und der Krimifan kann ein paar persönliche Worte mit seinem Lieblingsautor wechseln. Die Termine veröffentlicht jeder Autor auf seiner persönlichen Webseite.
Jedem nach seinem Geschmack
Wem der Krimi-Wanderweg zu anstrengend ist, eine Lesung zu trocken und das Dinner zu kalorienreich, der wird vielleicht Gefallen an einer Krimi-Show finden.
Etwas in dieser Art bietet beispielsweise seit 2011 ein ziemlich ungewöhnliches Trio: Der Musiker Günter Hochgürtel, der Schriftsteller und Verleger Ralf Kramp und der Diakon und Mundart-Spezialist Manfred »Manni« Lang bilden gemeinsam die »Eifel-Gäng«. Deren Show war - nach eigener Aussage - einst aus einer »Schnapsidee« heraus für drei Auftritte aus der Taufe gehoben worden - mittlerweile sind daraus über 100 geworden - und kommt ein wenig dem "Improvisationstheater" nahe:
Die Formel lautet »Einer singt, einer liest und einer trägt vor«, aber der Großteil des Programms bestehe aus Improvisationen. Ende 2020 hat das Bühnen-Trio für ihre Fans ein eigenes Buch veröffentlicht unter dem programmatischen Titel »Die Eifel-Gäng: Hände hoch - es wird lustig!«.
Ein ganz anderes Unterhaltungsformat hat Sascha Gutzeit entwickelt, eine Art "One-Man-Kabarett-Musical-Bühnenshow".
Mit stimmgewaltigem Körpereinsatz liest und spielt Sascha Gutzeit aus den Polizeiakten seines Retro-Kommissars Heinz Engelmann. Der ist Leiter der Mordkommission, trinkt Kognak bei der Arbeit und fährt als Dienstwagen einen rosaroten Panda. Seine schrägen Fälle sind eine liebevolle Hommage an die Krimis der 60er und 70er Jahre, als die Telefone noch Wählscheiben hatten und schnelle Verfolgungsjagden - zumindest in der Eifel - ziemlich langsam waren.
In einer Mischung aus Krimi-Lesung, Live-Hörspiel und Musik-Kabarett übernimmt der Allein-Unterhalter alle Rollen selbst. Dazu schlüpft der Autor, Musiker und Schauspieler nicht nur in Hut und Trenchcoat seiner Protagonisten, sondern vertont die weiteren Figuren mit dem einen oder anderen Krimi-Song.
Die Festivals
Roter Teppich, Promis, ein Pulk von Fotografen - geht das überhaupt in der Eifel?
Nun ja, an die internationalen Filmfestivals von Cannes, Venedig oder Berlin kommt man in Hillesheim und Daun, in Kall und Euskirchen nicht ganz heran. Aber wer will schon Äpfel mit Birnen vergleichen?
Während es dort um Glanz und Glamour geht, um neue Blockbuster oder Autorenfilme für ein ganz spezielles Publikum, um eingeflogene Hollywood-Stars und -Regisseure, wird hier die regionale Krimi-Infrastruktur abgefeiert.
Und so fing alles an:
Im Jahr 2001 beschließen Wirtschafts- und Kulturförderer des Landkreises Vulkaneifel und des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, gemeinsam im Zwei-Jahres-Rhythmus als Veranstalter ein Krimifestival unter dem Titel "Tatort Eifel" im Rahmen des „Kultursommers Rheinland-Pfalz“ aufzuziehen.
Man will überregional wahrgenommen werden - eine Beschränkung auf die Literaturgattung "Eifel-Krimi" kommt daher nicht in Frage. So umfasst das Festival auch ein Fachprogramm für die Film- und Fernsehbranche: der Verband Deutscher Drehbuchautoren (VDD) bietet eine Zusammenarbeit an. Die Besuchern sind eingeladen zu Lesungen, Filmpremieren und Vorträgen von Experten aus Kriminalistik und Wissenschaft; als Abschluss und Höhepunkt findet eine feierliche Abendgala statt.
Eine Reihe von Wettbewerben begleiten das Festival: Bereits nach der ersten Veranstaltung wurde der Deutsche Kurzkrimi-Preis vergeben, 2007 kam ein Kurzfilm-Wettbewerb dazu, zwei Jahre später die Krimi-Stoffbörse und der Preis „Der Clou“.
Corona-bedingt wurde „Tatort Eifel“ auf 2022 verschoben, aber die Hillesheimer springen in die Breche. Vom 15. bis zum 19. September 2021 realisieren sie nun ihre eigenen Krimitage – ein lange gehegter Wunsch.
Künstler und Schriftsteller beweisen, dass sie das Thema "Krimi" auch in einem schwierigen Jahr auf die Bühne bringen können.
Nachdem es die Vulkaneifel erfolgreich vormachte, wollte auch die Nordeifel, die zum Kreis Euskirchen und damit zum Bundesland Nordrhein-Westfalen gehört, nicht zurückstehen:
Den Anstoß gab die „Criminale 2010 Nordeifel“, veranstaltet vom SYNDIKAT, dem Verein für deutschsprachige Kriminalliteratur mit über 800 Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Diese Veranstaltungsreihe findet jedes Jahr in einem anderen Ort statt und wurde 1986 in Gelsenkirchen aus der Taufe gehoben.
Der Knoten war geplatzt, und zwei Jahre später starteten die Krimitage "Nordeifel Mordeifel", zunächst in jährlichem Wechsel mit "Tatort Eifel" aus Rheinland-Pfalz, seit 2022 kurz nacheinander im September der geraden Jahre.
Koordiniert wird die Veranstaltung von der Nordeifel Tourismus GmbH in Kall, die - im Vergleich zu ihren Kollegen in Daun - mit einem deutlich bescheideneren Budget auskommen muss. Die Landesregierung in Düsseldorf hat sich noch nicht finanziell beteiligt, man muss daher auf Sponsoren wie Kreissparkasse und Energieversorgung zurückgreifen.
Also - kein roter Teppich für Filmschauspieler und Regisseure, keine Gala, dafür Autorenlesungen an historisch oder touristisch spannenden Orten der Region, gerne auch mit musikalischer Begleitung. Und mit dem einen oder anderen Krimi-Dinner profiliert sich die lokale Gastronomie...