In den fünfziger Jahres gab‘s noch kein Internet, keine Soziale Medien und keine KI – einen regelrechten Hype gab es trotzdem:
Die Rede ist von der friedliche Nutzung der Atomenergie, genau genommen der Kernspaltung, die riesige Strommengen produzieren sollte, ohne Luft und Wasser zu verschmutzen. Die radioaktiven Abfälle würde man schon irgendwo loswerden...
In Westdeutschland wurde sogar ein eigenständiges Atomministerium eingerichtet. Den Job übernahm 1955/56 ein gewisser Franz-Josef Strauß (CSU), definitiv kein früher Grüner.
Nicht alle waren begeistert, die Angst vor einer Kernschmelze und einer nicht steuerbaren Kettenreaktion ging um, außerdem blieben Fragen nach der Endlagerung ausgedienter Brennstäbe offen.
In Westdeutschland formierte sich eine regelrechte Anti-Atomkraft-Bewegung, quasi die Vorläufer-Organisation der Grünen.
Nach Unfällen in Harrisburg (1979), Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) kühlte die Begeisterung in vielen Ländern deutlich ab, und in Deutschland entschied man sich sogar für einen vollständigen Ausstieg aus der Atomenergie. Die letzten drei Atomkraftwerke wurden im April 2023 vom Netz genommen.
Inzwischen halten fast 60% der Deutschen diese Entscheidung in Meinungsumfragen für falsch.
In vielen anderen Ländern werden neue Atomkraftwerke geplant und gebaut, die Kosten sind immens.
So hatte Japan nach der Fukushima-Kernschmelze 2011 den langfristigen Ausstieg aus der Atomenergie angekündigt, entschied sich mittlerweile aber für eine Laufzeitverlängerung bestehender Ablagen und den Bau neuer Reaktoren.
Über die internationale Entwicklung berichtet die FAZ unter dem Titel "Die Atomkraft-Hoffnung".
Google, Amazon & Microsoft setzen auf Kernenergie
Im September 2024 überraschte Microsoft die Öffentlichkeit mit der Nachricht, zusammen mit dem regionalen Energieversorger Constellation Energy den Reaktorblock 1 in der Anlage "Three Mile Island" wieder hochzufahren, um die Versorgung neuer KI-Rechenzentren sicherzustellen. Block 1 war vom Atomunfall 1979 nicht betroffen und wurde 2019 mit der Begründung stillgelegt, dass sein Betrieb unwirtschaftlich geworden sei.
Es wäre das erste Mal, dass ein stillgelegtes Atomkraftwerk in den USA wieder ans Netz geht.
Microsoft-Gründer Bill Gate entwickelt parallel dazu mit seinem Start-up "Terrapower" kleinere Reaktoren und hat dafür Milliarden-Investitionen bereitgestellt.
Das Reaktordesign verwendet flüssiges Natrium als Kühlmittel anstelle von Wasser und nutzt geschmolzenes Salz, das Wärme speichern kann, um die Leistung zu steigern. Im Juni 2024 wurde mit dem Bau einer ersten kommerziellen Anlage im US-Bundesstaat Wyoming begonnen.
Amazon-Gründer Jeff Bezos setzt ebenfalls auf Kleinreaktoren, die Dominion Energy aus Virginia liefern soll.
Im Oktober 2024 zog Google nach:
Der Internetkonzern hat ein Bündnis mit dem Nuklearspezialisten Kairos Power geschlossen, von dem es künftig Atomstrom kaufen will. Diese Energie soll von neuartigen kleinen Kernreaktoren kommen, sogenannten Small Modular Reactors (SMR) - Bill Gates und Terrapower lassen grüßen.
Die Reaktoren müssen noch gebaut werden, der erste soll nach Angaben der beiden Partner 2030 in Betrieb gehen.
„Big Tech is going nuclear“, schreibt die Financial Times.
Und warum investieren die großen Software- und Internet-Konzerne in die Weiterentwicklung der Kernenergie?
Die könnten doch genauso gut Wind- und Solarparks errichten und sich als Förderer der erneuerbaren Energien feiern lassen.
Ihr Geschäftsmodell der Zukunft, der Ausbau der künstlichen Intelligenz (KI), erfordert Rechenzentren mit einem gewaltigen Energiebedarf, zuverlässig rund um die Uhr und nicht nur bei gutem Wetter.
Den Trend bei den US-Datenkonzernen untersucht der Kölner Stadtanzeiger: "Klimaschutz mit Atomkraft".
Gamechanger für die globale Energiezukunft?
Die entscheidende Energiequelle der Zukunft könnte die Kernfusion sein, die Verschmelzungsprozesse von Wasserstoff-Atomen im Inneren der Sonne abbildet. Der Brennstoff Deuterium kann aus Meerwasser gewonnen werden und ist praktisch unbegrenzt verfügbar, es entstehen keine Treibhausgase und es kann keine Kettenreaktion entstehen.
Es gibt keine Brennstäbe und kein Endlager; die Stahlhülle des Reaktors wird geringfügig radioaktiv verstrahlt, kann aber nach 50-100 Jahren wiederverwendet werden.
Die Technologie befindet sich noch im Forschungsstadium und wird vermutlich erst in 20-30 Jahren großtechnisch zum Einsatz kommen.