SAT1-Serie „Auf Streife - die Spezialisten":

Ein Drehtag am Freilinger See

Simone Böhm • 13. Juli 2017


"Sie will nur ein paar Fotos am See machen. Was dann geschieht, läuft ihr wie ein Stromschlag durch den Körper..."
So oder so ähnlich würde vermutlich der Teaser (Anm: Anrisstext in der Werbesprache, der zum Weiterlesen verleiten soll) für diese Geschichte lauten, wenn sie reißerisch erzählt würde. Hier heißt sie nur: Ein Erlebnisbericht vom Drehtag am See mit peinlichem Höhepunkt.

Die filmpool entertainment GmbH aus Hürth dreht für Sat1 zwei Folgen für die Serie „Auf Streife-die Spezialisten“ auf und am Freilinger See unter Einsatz von Pyrotechnik und echten Einsatzkräften in einem abgesperrten Bereich, so die Mitteilung, die mich Anfang Juli aus Blankenheim erreicht.

Spektakuläre Bilder von einer Explosion und eine interessante Story, so meine ersten Gedanken. Und auf Nachfrage wird mir dann freundlicherweise auch tatsächlich gestattet, über den Drehtag zu berichten.

Laut der vorgegebenen Zeitschiene soll die Absperrung für den ersten Teil von 9.30 Uhr bis 16.15 Uhr erfolgen, da der eigentliche Dreh ab 10.30 Uhr für knapp 4 Stunden geplant ist.

Nach meinen Berechnungen, die in völliger Unkenntnis des Ablaufs eines solchen Drehtages geschehen, müsste die gesamte Filmcrew dann eigentlich so gegen 9.15 Uhr eintrudeln. Schließlich müssen ja noch Vorbereitungen für die Absperrung und den Dreh getroffen werden. Also begebe ich mich um halb zehn an den See. Im Hinblick auf die angekündigte, mehrere Stunden dauernde Aktion bin ich mit einem Müsliriegel und, wahrscheinlich in Vorahnung, einem Buch ausgestattet.

Letzteres entpuppt sich schnell als sehr wertvoll, da um halb zehn außer mir noch niemand am Freilinger See anzutreffen ist. Da heißt es dann auf einer der zahlreichen Bänke des Angelvereins warten. Ich habe ja schließlich ein gutes Buch eingepackt. Erst gegen 10.15 Uhr ist auf der Liegewiese der Westseite des Sees Bewegung festzustellen. Die für den Dreh benötigten Rettungsboote der Wasserrettung werden vorgefahren und unter freundlicher Hilfestellung des Bauhofs zu Wasser gelassen.

Es geht los, denke ich. Dann wird ja wohl auch das Filmteam jetzt eintreffen. Schließlich kommt der ganze Tross ja auch nur von Köln angefahren und nicht aus Berlin oder München. Weit gefehlt. Denn es dauert noch einmal eine ganz geraume Zeit, bis die im Konvoi und dementsprechend temporeduziert fahrende Fahrzeugkolonne auf dem Parkplatz der "Steinseite" vollständig eintrifft.

Das natürlich benutzte Navigationssystem hat einen nicht nachvollziehbaren Umweg vorgegeben, der zu dem erheblich verspäteten Eintreffen führt.

Na ja, denke ich, wenn schon aufgrund des verspäteten Eintreffens eine Verzögerung in der Zeitplanung zu verzeichnen ist, wird man jetzt wohl zügig anfangen. Ich werde dann eines Besseren belehrt, denn "beim Film" braucht man offenbar vor allem eines: Zeit. Die vornehmliche Beschäftigung am Set ist nämlich eines: Warten. Bis sich die Verantwortlichen einen Eindruck von der location gemacht haben und sich alle für eine Drehanweisung zusammen gefunden haben, verstreicht dann noch einmal eine geraume Zeit.

Es wird Mittag. Mein Müsliriegel muss dran glauben. Ein Catering-Fahrzeug gibt es bei dieser normalen Serien-Produktion (Sendeplatz 18.00 Uhr) nicht. Vielmehr muss sich das Drehteam vor Ort in den Restaurants der Umgebung auf Kosten der Produktionsfirma versorgen. Immerhin gibt es am Freilinger See das Restaurant Waldläufer, in dem man lecker essen kann. 

Ich komme mit einem sog. "Blocker" ins Gespräch. Das sind die in gelbe Warnwesten gekleideten Herren, die den Drehort von unliebsamen Störungen freihalten. Es soll niemand ungeplant in die Filmaufnahmen geraten, da unter Umständen die Produktion anschließend sonst mehr oder weniger aufwendig bearbeitet werden müsste. "Sie sind hier also so etwas wie der Türsteher der Produktionsfirma", erwidere ich. Der Vergleich gefällt ihm.

Dann geht es offenbar los. Die für die erste Folge mit dem Titel "Pleasure Island" benötigte aufblasbare Badeinsel wird mit Hilfe eines der Boote an die gewünschte Stelle gebracht, die sich im nördlichen Teil des Sees befindet. Also mache ich mich zusammen mit einigen Crew-Mitgliedern dahin auf den Weg. Dabei komme ich mit dem Pyrotechniker ins Gespräch, der früher europaweit im Einsatz war und auch bei der Produktion von der RTL Action-Serie "Alarm für Cobra 1" lange Zeit im Einsatz war.

Er erzählt von seinem Beruf, der ja kein Lehrberuf im klassischen Sinne ist. Man müsse schon handwerklich geschickt sein, da man öfter auch eigene Konstruktionen entwickeln müsse, je nachdem, welche Effekte gewünscht seien. Besondere Kenntnisse in Chemie und Physik seien dagegen nicht unbedingt erforderlich. Ihm sei es aber wichtig, Abläufe, Ursachen und Folgen genau zu kennen, so dass er schon ein fundiertes Wissen diesbezüglich habe. Die für diesen Tag vorgesehene "Sprengung" sei völlig harmlos, bei der letztlich vorrangig eine unbedenkliche und ungefährliche Rauchproduktion erfolge, in deren Folge dann auch der Badeinsel die Luft ausginge.

Ausgelöst wird dieser Effekt über ein vom Seerand ausgegebenes Funksignal, das über eine an der Badeinsel befestigte ca. 20 m lange Zündschnur weitergeleitet wird.

Dann kommt per Funkspruch die Anweisung, dass alles für den Dreh bereit sei. Der für diese Sequenz eingeplante Stuntman nimmt seine Position auf der Badeinsel ein. Er soll bewusstlos auf der Insel liegen, zusammen mit einer Kühlbox, die an eine "Autobatterie" angeschlossen ist. Alles wird musikalisch umrahmt von "Vamos alla playa", einem Hit aus den 80er Jahren. Ich bekomme direkt einen Ohrwurm.

Dann soll die Wasserrettung an die Insel heranfahren. Gefilmt wird aus dem zweiten Boot, auf dem sich der Kameramann und die Regie befindet. Nach diesem kurzen Dreh soll ein Schnitt erfolgen. Denn natürlich muss der "Bewusstlose" erst von der Plastikinsel ins Wasser absteigen, bevor diese zur Explosion gebracht werden kann. Anschließend wird die Rettung des Verunglückten aus dem Wasser durch die Rettungsschwimmer gefilmt. Hört sich spannend an.

Um möglichst gute Foto von dieser Szene machen zu können, mache ich allerdings den Fehler, mich vom Weg zu nah in den Uferbereich und damit genau in die Bildfläche zu begeben. Fataler Weise habe ich auch noch eine rote Jacke an. So muss der erste Dreh, nämlich das Annähern des Rettungsbootes an den auf der Insel liegenden Bewusstlosen erst einmal unterbrochen werden. "Frau in roter Jacke muss aus dem Bild" ist laut und deutlich als Regieanweisung per Megaphone zu hören. Wie peinlich, das bin ich.

Unter vielfacher Entschuldigungen und nach dem Erdloch für ein augenblickliches Verschwinden suchend begebe ich mich sofort wieder zurück auf den Rundweg, hinter den die Sicht verdeckenden Baumbewuchs. "Jetzt wissen Sie auch, warum die Leute beim Film alle schwarze Kleidung tragen" erklärt mir der freundliche Blocker. Er erzählt, dass er früher auch einmal als Security bei den Rolling Stones im Einsatz war. Und obwohl er zeitweise auf der Bühne direkt neben den Musikern stand, konnte man ihn auf den Bildmitschnitten nicht sehen, da er schwarze Kleidung anhatte.

"Wieder etwas gelernt" entgegne ich ihm ungewohnt kleinlaut und bin froh, dass man mich vor dem eigentlichen Höhepunkt der ganzen Szene, nämlich der Sprengung der Badeinsel, nicht vom Drehort verweist. Die sind alle wirklich sehr nett beim Film denke ich und schwöre innerlich, rote Jacken nur noch beim Fahrradfahren anzuziehen.

Dann wird es spannend. Der Stuntman verlässt die Badeinsel, deren Palme schon verdächtige Erdneigung zeigt. Auf Absprache hin wird dann die Zündung ausgelöst. Es gibt einen lauten Knall und eine Rauchwolke, die sich schnell wieder verzieht.

Die Badeinsel ist danach in sich zusammen gefallen. Nun wird die Szene mit der Rettung des Verunglückten aus dem Wasser gedreht.

Die eigentliche "Erstversorgung des Opfers" durch den Notarzt und die Rettungssanitäter erfolgt dann auf der Liegewiese der Ostseite. Dafür ist ein Schauspieler engagiert worden. Die Arbeit des Stuntmans ist an dieser Stelle erst einmal zu Ende. "Das Wasser ist hier angenehm warm" stellt er fest, nachdem er aus dem Wasser geklettert ist. Er habe auch schon Szenen in eiskalten Seen gedreht, in denen er minutenlang im Wasser, an ein Boot geklammert verbringen musste.

Wir treten den Rückweg zur Liegewiese an. Ja, die Eifel gefalle ihm, erzählt der freundliche Blocker, dem ich heimlich wünsche, dass er wegen mir keinen nachträglichen Ärger bekommt. Schnell wird mir bewusst, dass der Dreh der Erstversorgung durch die Rettungssanitäter und den Notarzt schon längst im Gange ist. Wir müssen dann auch abseits im Gebüsch warten, bis die Szene im Kasten ist. Ich traue mich natürlich nicht mehr aus der Deckung heraus, so dass ich die folgenden Aktionen mit Blaulicht und vermeintlich aufgeregter Freundin des Opfers nur durch den Blätterwald beobachten und fotografieren kann.

Auf einem kleinen Stichweg kann ich dann von der Kamera und dem kritischen Blick der Regie unbemerkt auf den Parkplatz gelangen, so dass mir noch paar Fotos von den extra für solche Serien nachgebauten Einsatzfahrzeugen aus sicherer Entfernung gelingen...ohne zweite Ermahnung.

Mittlerweile zeigt meine Uhr 14.25 Uhr. Nach dem normalen Zeitplan ist jetzt schon der Dreh für die zweite Szene mit einem im See verunglückten Fallschirmspringer terminiert. Das interessiert mich eigentlich auch noch. Aber ich habe Hunger, keine Zeit mehr und große Zweifel, dass man mich näher als 100 m an den nächsten Drehort heranlässt. So mache ich mich auf den Heimweg, nicht ohne mich bei meinen freundlichen Begleitern zu bedanken und zu verabschieden.

Insgesamt ein interessanter und aufschlussreicher Drehtag, der allerdings die meisten Bewohner des Sees unbeeindruckt lässt.

Ich bin dagegen gespannt, was dann in 6 bis 8 Wochen bei der Ausstrahlung der gedrehten Szenen herauskommt.